Geschrieben von Klaus Candussi

Abenteuer Sabbatical

Ich bin dann mal faul.

Das kennen wir alle: Wer zuerst im Büro ist, gilt meist als besonders einsatzfreudig und eher selten als bloß prä-senil bettflüchtig. Wessen Licht im Office auch spätabends noch brennt, der oder dem wird nicht langsames Arbeiten, sondern eher eine Extraportion Fleiß zugeschrieben. Tolle Führungskräfte prahlen mit ihren 18-Stunden Arbeitstagen und damit, seit Jahren weder Urlaub noch Krankenstand konsumiert zu haben.


Die Deutungen dieses Arbeitsverhaltens sind regional und ‚religional‘ divers. Protestantisches Arbeitsethos wird gern unterstellt, alemannische Herkunft detto. Seltener, aber neuerdings doch immer wieder, wagt jemand die naheliegendere Zuschreibung „total bescheuert“.

Wie entkomme ich dem Hamsterrad?

Bezüglich der Marathonis im beruflichen Hamsterrad – kürzlich wollte uns einer von ihnen im Radio gar weismachen, er arbeite regelmäßig 20 Stunden – frage ich mich ja eher, was denn in deren Leben alles zu kurz kommt: Zähneputzen, Balkonblumen, Spazierengehen oder Joggen, Kinder oder Liebesleben?

Ein wenig hege ich die Vermutung, dass sie mit ihrer Zeitrechnung ähnlich umgehen, wie mit ihrer Steuererklärung. So wie sie in letztere alle privaten Ausgaben als betriebliche Kosten aufnehmen, den Urlaub großzügig als Dienstreise absetzen und die Golfschläger als Arbeitswerkzeug, so nehmen sie vielleicht auch alle Gasthausbesuche als Arbeitsessen, alle Jagdausflüge als Geschäftsanbahnung und alle Arztbesuche in der Rubrik Service & Reparaturen als ‚Arbeit‘ in ihre Zeitbilanz auf.

Back to the roots

Aber nicht überall sind Menschen auf diese Art sozialisiert. So berichtet ein deutscher Bauleiter von seiner schmerzlichen Erfahrung, auf einer mediterranen Baustelle als Vorgesetzter einfach nicht ernst genommen worden zu sein. Wer morgens als erster antanze, könne schlicht und einfach kein richtiger Chef sein, lernte er von den Einheimischen. Das deute doch eher auf Sklavenstatus hin, als auf eine Führungsrolle.

Vor Lernerfahrung ähnlicher Art verschont auch uns selbst das Leben nicht. Viele gute Sachargumente fielen uns dazu ein, eine ganze Reihe von „New-Work“-Guzzis für Mitarbeitende von atempo in der Betriebsvereinbarung zu verankern. Flexibles Arbeiten, Gemeinschafts-Zeitbudget und das Recht auf ein Sabbatical-Monat alle 5 Jahre, um nur die wichtigsten zu nennen. Zusammen mit dem Jahresurlaub sollte dieses Sabbatical allen, die bei uns arbeiten, Gelegenheit geben, nicht nur eben mal ein bisserl frei, sondern wirklich einen Schritt raus zu machen, aus dem Arbeitstrott. Hirn-Auslüften, um mit neuen Ideen zurückzukommen, inklusive. Gut für Körper, Geist – und Firma!

Sabbatical als gutes Führungsverhalten?

‚Echte Führungskräfte‘ so die lehrreiche Lektion, die uns die atempo Belegschaft postwendend erteilte, leben selbst vor, wozu sie anderen raten. „Hic Rhodos, hic salta!“, fällt mir ein lateinisches Sprichwort dazu ein (was zugleich als Hinweis auf mein greisenhaftes Alter gesehen werden kann). „Red‘ nicht davon, was anderswo (auf Rhodos) war, spring‘ hier und jetzt!“

Tja, soviel zum lebenslangen Lernen!

Faul sein als vorbildhaftes Führungsverhalten.

Hier und jetzt empfiehlt sich das atempo Gründungs-Team also vorbildhaft höchstpersönlich ins Sabbatical ins Land der südlichen Vorfahren. Am Lehrplan stehen Fächer wie Geschichte deutscher Kaiser in Palermo (Friedrich II wusste schon, wo’s schön ist), sizilianisch Kochen & Essen nach Montalbano und Basis-Kommunikation in der Landessprache ebenso, wie die Freifächer ‚von der Dachterrasse in die Luft schauen‘ und ‚dolce far niente al bar‘.

Faul-Sein als vorbildhaftes Führungsverhalten.

Das wird spannend!

Klaus Candussi - Gründer atempo Verein - Über uns

Klaus Candussi

Zusammen mit Walburga Fröhlich gründete Klaus Candussi vor über 20 Jahren atempo. Heute widmet er sich als Manager dem Geschäftsfeld der Internationalisierung und treibt so die Vision einer Welt, in der alle Menschen gleichberechtigt leben, lernen und arbeiten können, voran.

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